
Missverständnisse zur BATNA und wie Sie sie wirklich nutzen!

Veröffentlicht am 08.12.2020 von
Dr. Alexander Hoeppel, Gründer und Verhandlungstrainer bei nachnordosten
Was ist die BATNA?
BATNA steht für “Best Alternative to a Negotiated Agreement”. Seine BATNA zu kennen, bedeutet, sich vor der Verhandlung zu überlegen, was die beste Alternative zu einer möglichen Einigung ist. „Was tue ich, wenn die Verhandlung scheitert und wie viel ist das für mich wert?“ Wer diese Frage nicht beantworten kann, ist auf eine Verhandlung nicht vorbereitet.
Das Konzept der BATNA wurde von William Ury und Roger Fisher in ihrem Klassiker Getting to Yes bereits 1981 beschrieben. Heute wird der Begriff von nahezu jedem Verhandlungstrainer verwendet und dennoch häufig missverstanden.
Denn einige sehen in der BATNA die „Quelle der Macht“ oder ein wichtiges Tool, um in der Verhandlung besonders gut abzuschneiden. Diese Ansicht kann gefährlich sein. Es ist richtig, dass Ihre Macht von der BATNA abhängt. Wenn Sie sich 150 mal erfolglos beworben und keinen Job in Aussicht haben, ist Ihre BATNA im Bewerbungsgespräch eher bescheiden (z.B. weiter bewerben, Hartz IV, etc.). Wenn Sie drei andere Angebote vorliegen haben, sieht das ganz anders aus. „Beste“ Alternative bedeutet nicht, dass die Alternative besonders gut ist, sondern nur, dass sie von allen Alternativen die beste ist.
Wie berechnen Sie die BATNA?
Falls Sie mehrere konkrete Angebote vorliegen haben, ist die Berechnung der BATNA relativ simpel. Machen Sie jedoch nicht den Fehler, nur den Preis oder das Gehalt mit einzubeziehen. Stattdessen sollten sie all jene Faktoren einpreisen, die für Sie relevant sind. Dafür können Sie entweder ein Punktesystem oder Geldbeträge verwenden. Vor der Verhandlung analysieren Sie alle Handlungsalternativen, „kleben Preisschilder“ und wählen die Alternative mit dem höchsten Betrag oder Punktwert aus (oder dem niedrigsten, falls Sie der Käufer sein sollten). Bei komplexen Verhandlungen sollten Sie bei der Bewertung auch auf das Knowhow Ihres erweiterten Verhandlungsteams und der Fachabteilungen zurückgreifen, um Abweichungen zwischen verschiedenen Angeboten bewerten zu können.
Die BATNA sollte immer so konkret wie möglich sein. Daher reicht es nicht aus, einen zufriedenen Blick auf die „volle Pipeline“ zu werfen oder sich zwischen Optimismus und Pessimismus zu entscheiden. Für den Abbruch einer Verkaufsverhandlung bedeutet das z.B., dass entweder ein anderes besseres Kaufangebot vorliegen sollte oder, dass die bis dahin entstandenen Kosten durch das mögliche Verhandlungsergebnis nicht gedeckt würden.
Die Berechnung der BATNA hilft Ihnen vor der Verhandlung, die eigene Ausgangslage realistisch zu bestimmen, ist in der Verhandlung aber nur in einem Moment nützlich: In der letzten Sekunde, wenn es darum geht, zu entscheiden, ob Sie „ja“ oder „nein“ sagen. Liegen Sie besser als die BATNA, stimmen Sie zu, liegen Sie schlechter, dann lehnen Sie ab.
Rechts sehen sie eine Karte der algerischen Provinz BATNA (für den Hinweis vielen Dank an den Kollegen Jack Nasher). Hier liegt Batna zwar im Nordosten, aber nicht beim Verhandeln. Nordosten bedeutet beim Verhandeln im oberen rechten Quadranten Ihres Koordinatensystems, also dort, wo die fetten Punkte liegen. Wenn Sie sich aber in der Verhandlung auf Ihre BATNA konzentrieren, stecken Sie zugleich ihre Ziele sehr niedrig. Ihre BATNA ist zwar geeignet, Ihre Handlungsalternativen objektiv zu bewerten, aber sie ist in der Verhandlung keinesfalls Quelle der Macht. Selbst wenn sie ein sehr attraktives, alternatives Angebot in Petto haben, sagt Ihnen das wenig darüber, wie viel Sie in dieser Verhandlung herausholen können. Daher sollten Sie sich zum einen auf Ihre eigenen, hochgesteckten Ziele und zum anderen auf die BATNA des anderen konzentrieren.

Vergessen Sie Ihre BATNA bis zur letzten Sekunde der Verhandlung!
Das ist jedoch einfacher gesagt als getan, da Sie sich in der Vorbereitung mit Ihrer BATNA intensiv auseinandergesetzt haben. Am Ende der Vorbereitung sollten Sie daher den Fokus auf Ihre Ziele und auf die Formulierung Ihres ersten Angebots bzw. Ihrer ersten Forderung richten. Doch auch die Definition von Zielen birgt Gefahren. Besonders beliebt ist die SMART-Methode. Ziele sollen zum Beispiel spezifisch (S), messbar (M), ansprechend (A), realistisch (R) und terminiert (T) sein. Tatsächlich ist die SMART-Methode sehr gut geeignet, um gesetzte Ziele zu bewerten, die Zielerreichung zu sichern und sich selbst zu organisieren.
SMART sollte jedoch nicht als hinreichende Methode zur Zielfindung, sondern zur Überprüfung der gesetzten Ziele anhand bestimmter Qualitätskriterien verstanden werden. Es ist ein großer Nachteil, wenn Sie in der Verhandlung starr an Ihren gemäß der SMART-Methode überprüften Zielen festhalten. Für die Verhandlung sollten Ihre Ziele auch nicht realistisch im Sinne von SMART, sondern überaus ambitioniert sein.
„„Wer all seine Ziele erreicht, hat sie wahrscheinlich zu niedrig gewählt.“
– von Herbert von Karajan